Umgang mit Selbstverletzendem Verhalten im stationären Rahmen

Selbstverletzendes Verhalten im stationären Rahmen kann manchmal ganz schön starke Irritationen auslösen. Ungemein wichtig ist daher, dass das Behandlungsteam und die Patientin / der Patient zu Beginn der Behandlung klare Absprachen getroffen haben, wie mit welchen Formen der Selbstverletzung umzugehen ist. Natürlich gibt es keine für jeden Patienten und jede Situation gültige Regelung, sondern man muss sich immer wieder neu und individuell einigen. Aber es gibt einige häufig angewendete Absprachen, die ich hier mal auflisten möchte, die vielleicht die Diskussion beleben können.

Zunächst einmal möchte ich aber auf ein Video verlinken, dass aus Sicht einer Betroffenen sehr nachvollziehbar beschreibt, was selbstverletzendes Verhalten eigentlich ist:

Und ein Video, das aus Sicht einer Betroffenen beschreibt, welche alternativen Skills für sie hilfreich sind:

Welche Absprachen könnten im Umgang mit Selbstverletzendem Verhalten im stationären Rahmen hilfreich sein? Die Klinik könnte folgende Elemente in einen Behandlungsvertrag mit der Patientin / dem Patienten aufnehmen:

  • Wir verstehen, dass SVV für Sie ein Verhalten ist, große innere Not zu lindern. Wir verurteilen Sie dafür nicht und bestrafen Sie dafür nicht.
  • SVV ist in der Regel kein Grund, auf eine geschlossene Station verlegt zu werden.
  • Ausnahme: Wenn die Selbstverletzung sehr gefährlich wird, also dauerhafte Schädigungen entstehen könnten oder das Leben in Gefahr ist, dann werden sichere Schutzmaßnahmen ergriffen. Eine dieser Schutzmaßnahmen wird in der Regel die Verlegung auf eine geschlossenen Station sein.
  • Eines der Ziele der Behandlung im Krankenhaus ist es, Alternativen zum Selbstverletzenden Verhalten zu erlernen und zu trainieren. Es gehört daher zu den Absprachen, dass Sie in Anspannungssituationen versuchen, Skills anzuwenden. Wenn Sie dauerhaft keine Versuche unternehmen, Skills anzuwenden, sondern immer wieder als einzige Methode der Spannungsreduktion selbstverletzendes Verhalten wählen, kann dies zu einer Therapiepause führen, da ein wesentliches Therapieziel dann nicht erreichbar ist.
  • Zum Schutz der anderen Patientinnen und Patienten vereinbaren wir mit Ihnen, dass Sie, wenn Sie sich schneiden, dies nicht vor den Augen anderer Patienten tun, diesen nicht die noch blutenden Schnitte zeigen und nicht andere Patientinnen um Hilfe bitten, wenn Sie sich geschnitten haben. Statt dessen suchen Sie bitte das Pflegepersonal auf, das darüber entscheidet, ob eine chirurgische Versorgung erforderlich ist. Ist dies nicht der Fall, verbinden Sie die Wunde bitte selber und bedecken Sie zumindest für zwei Stunden.
  • Nach selbstverletzendem Verhalten schreiben Sie bitte eine Verhaltensanalyse, am besten in Form einer Kettenanalyse, um in Zukunft versuchen zu können, in ähnlichen Entwicklungen früher einen anderen Ausweg zu finden.

Welche Absprachen haltet ihr für sinnvoll im Umgang mit selbstschädigendem Verhalten in der stationären Behandlung? Gibt es Musterbeispiele für Behandlungsverträge, die ihr gut findet? Ich freue mich über jeden Kommentar!

19 Gedanken zu “Umgang mit Selbstverletzendem Verhalten im stationären Rahmen

  1. stellinchen 1. August 2013 / 22:56

    Die Liste finde ich super, vor allem den ersten Punkt.
    Nur vorsichtshalber – von welcher Art Station ist das? Krisenintervention/Akutstation eher nicht, oder?
    Ich finde, mehr Punkte bräuchte die Liste nicht unbedingt. Je nachdem, dass man in Stresssituationen auch zum Personal gehen darf/soll, und dort vereinbart wird, welcher Skill jetzt probiert wird, oder schon eine Skillskette.
    In welchen Abständen sich gemeldet werden darf, je nachdem alle 10 Minuten.
    Dass offene Wunden tabu sind, finde ich okay, aber ich finde es nicht gut, wenn verheilte Narben im Sommer versteckt werden sollen.

    • psychiatrietogo 2. August 2013 / 07:58

      Vielen Dank für Deine Ideen!
      Das mit dem regelmäßig melden und besprechen, welche Skills oder Skillketten versucht werden sollten, finde ich auch sehr gut. Und ich finde auch, dass Wunden nicht verdeckt werden müssen, nur die absolut frischen Wunden. Danach soll man Wunden und Narben nicht verstecken müssen, da stimme ich voll zu.

  2. pinkpanther66 2. August 2013 / 02:09

    Ich finde dir Liste echt gut.
    Am besten finde ich, dass dem Patienten klar gesagt wird, dass ihn niemand verteilt und bestraft wenn er sich selbst verletzt. Und dass frische Wunden nicht offen getragen werden dürfen sollte klar sein, irgendwie.
    Ich bin gerade auf einer DBT Station und ich habe immer das Gefühl, doof angeschaut und verurteilt zu werden…
    Zudem müssen wir selbst Verbände verstecken, was ich etwas übertrieben finde…

  3. Psychotante 2. August 2013 / 06:44

    Finde ich schön formuliert! Eine Verlegung bei schweren Verletzungen hatte ich selbst noch nie – meist hat die chirurgische Vorstellung udn die Verhaltensanalyse gereicht.
    An die beiden Vorkommentatoren: Verbände oder Narben verstecken finde ich auch Blödsinn – steht in meinen Augen dem häufigem Therapieziel entgegen, selbstsicheres Auftreten und Selbstsicherheit zu entwickeln.

  4. Rhoda 2. August 2013 / 18:14

    „Eines der Ziele der Behandlung im Krankenhaus ist es, Alternativen zum Selbstverletzenden Verhalten zu erlernen und zu trainieren. Es gehört daher zu den Absprachen, dass Sie in Anspannungssituationen versuchen, Skills anzuwenden. Wenn Sie dauerhaft keine Versuche unternehmen, Skills anzuwenden, sondern immer wieder als einzige Methode der Spannungsreduktion selbstverletzendes Verhalten wählen, kann dies zu einer Therapiepause führen, da ein wesentliches Therapieziel dann nicht erreichbar ist.“
    Diesen Punkt finde ich so nicht gut.
    Als ich jünger war, war ich oft und lange in stationärer Behandlung, wegen Problemen, die unter anderem mein SVV mitverursacht haben. Mein SVV selbst war für mich nie ein Problem (auch weil es nie gefährliche Ausmaße angenommen hat) und ich wollte auch nicht daran arbeiten. An den anderen Sachen habe ich gearbeitet.
    Damals hat mich nie eine Klinik rausgeschmissen (aka eine Therapiepause erzwungen) und das finde ich auch rückblickend noch als den richtigen Umgang damit (in meinem Fall).
    Meine Therapeutin hat es mal sehr schön formuliert: „Ich kann Ihnen nicht Erfolge beim Aufhören wünschen, weil Sie das nicht wollen, also wünsche ich Ihnen, dass Sie irgendwann aufhören wollen.“

    • Nadjeschda 22. August 2013 / 12:54

      ich stimm dir voll zu…geht mir auch so.
      Denn wenn es mir ganz gut geht verletze ich mich automatisch nicht mehr…wieso sollte ich dann mit zwang versuchen die reine verletzungshandlung zu ändern. (klar ist es noch ein unterschied, falls das lebensbedrohlich wird)

    • Denise Cleve 12. Dezember 2022 / 11:15

      Ich habe genau das selbe ich schneide mich auch oft…Jetzt muss ich zum ersten mal eine verhaltensanalyse schreiben aber mein kopf ist so leer ich weiss garnicht warum.und was der Auslöser war…kann mir bitte jemand helfen und mir mal so eine ausgefüllte verhaltensanalyse bei sv schicken oder zeigen…bitte lg denise

  5. Finja 3. August 2013 / 17:38

    Die Regeln halte ich für sinnvoll.
    In meiner Therapie hatte ich die Möglichkeit, zum Personal zu gehen und um Hilfe bei der Skillsuche zu bitten. Damals fiel es mir noch sehr schwer, eigenständig zu skillen statt zu schneiden. Auch durften wir mit Verbänden und Narben rumlaufen, nur frische Wunden mussten eben verdeckt werden, damit man niemanden triggert.
    Ebenso wurde ich ermutigt, eine eigene Skillliste anzufertigen und auch dahinterzuschreiben, ob mir das Skill geholfen hat. So kann man feststellen, welche Skills einem persönlich helfen und welche eher nicht. Außerdem haben wir in der Thera die Skills nach Kategorien geordnet. Sprich, wenn ich mich aus Selbsthass schneiden will, hilft mir … , wenn ich mich zum Spannungsabbau schneiden will, hilft mir… . So kann man auch schneller ein wirkungsvolles Skill finden. Mit der Zeit bekommt man so mehr Mut, Skills zu nutzen, weil man weiß, dass sie helfen können.
    Mir wurde angeboten, mit einem Betreuer zu sprechen, wenn der Druck aufkommt. Dieser Betreuer hat sich die Gedanken angehört, nachgefragt und versucht, mit einem eine Lösung zu finden.

    Auf einer anderen Station musste ich leider erleben, dass der Umgamg mit SvV auch anders laufen kann. Hier gab es abfällige Blicke seitens des Personals, was einen sehr verunsichert. Dadurch wurde dann versucht, Wunden irgendwie geheim zu halten und es entwickelte sich eine große Scham. Hier musste man auch Narben verdecken, bei 30 Grad im Sommer. Ebenso wurde dort in unserer Abwesenheit das Zimmer durchsucht. Eigentlich ist das ja ok, weil das Personal eben vermeiden will, dass man noch Klingen/Skalpelle hat. Allerdings sollte sowas mit Vorankündigung und im Beisein des Patienten ablaufen, denke ich. Auf der anderen Station lief das auch so. Dort wurde einem gesagt, dass nun das Zimmer durchsucht wird. Man hatte vorher die Möglichkeit, evtl. noch vorhandene „Werkzeuge“ freiwillig abzugeben. Dann hat ein Mitarbeiter das Zimmer durchsucht. Sie haben sich auf dieser Station – im Gegesatz zur anderen – viel Mühe gegeben, keine große Unordnung zu veranstalten. Auf der Anderen Station wurde mitunter eifach alles aus den Schränken gerissen und auf dem Boden verteilt, das fand ich sehr respektlos. Auch hat man hier versucht, einen gleichgeschlechtlichen Mitarbeiter zum Durchsuchen zu finden. Das ist angenehmer für Beide.
    Auf dieser Station wurden leider auch immer wieder Bedafrmedikationen gegeben, wenn jemand Druck äußerte. Das finde ich allerdings nur bedingt sinnvoll. Es ist – meiner Meinung nach – nicht richtig, die Patienten einfach ruhig zu stellen, anstatt mit ihnen gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Auch wurde man hier in den KIR (Krieseninterventionsraum – doppelte Türen und Fenster, von innen nicht zu öffnen, keine Matratze o.Ä. vorhanden) gesteckt, damit man sich nicht schnitt. Das finde ich ebenso sinnlos, wie einfach Medikamente zu geben.

    Alles in allem finde ich die erste Regel am wichtigsten. Denn Scham und Selbstvorwürfe hat der Patient nach dem Schneiden meist schon genug. Soetwas dann auch noch vom Personal vermittelt zu bekommen, ist nicht hilfreich.

  6. Chaosteam 22. August 2013 / 13:37

    Es ist schon klar, dass Kliniken Regeln aufstellen müssen. Aber so starre Regeln beinhalten immer auch die Gefahr, dass es Menschen gibt, auf die sie nicht passen. Es gibt unzählige Gründe aus denen heraus Menschen sich auf unterschiedlichste Weise selbst verletzen.
    Für jemanden der sich selbst verletzt, weil er nie gelernt hat sich auf gesunde Art um sich und seine Gefühle zu kümmern, kann es ganz schlimm sein, wenn er zu hören bekommt: „Nun mach mal deine Skills“. Manche Menschen brauchen erst mal die Hilfe anderer Menschen, um überhaupt in der Lage zu sein, Skills anzuwenden.

    Ich habe sowohl Therapiepausen als auch das Schreiben von Verhaltensanalysen inklusive der Zeit die man dann alleine zu verbringen hatte ohne Kontakt aufnehmen zu dürfen, immer als Strafe empfunden. Und wo Kontaktentzug als Therapiemittel eingesetzt wird, wie könnte man das als Ort einordnen an dem man liebevoll angenommen wird um gesundes Verhalten lernen zu können?

  7. Graciella 15. September 2013 / 23:13

    Ich habe beim Lesen des Artikels gemerkt, wie stark ich auch als ehemals Betroffene noch auf alles reagiere, was ein Verbot oder eine Form von Reglementierung darstellen könnte, selbst wenn es sich um einen moderaten Artikel wie diesen handelt. Vielleicht würde es das Gefühl ein bisschen abschwächen, wenn folgende Punkte miteinbezogen würden:

    -Das Ziel der Behandlung ist nicht, dass der Patient sich angepasster verhält oder sein Leid besser versteckt, sondern dass es ihm wieder so gut geht, dass er SVV nicht mehr als notwendig empfindet.

    -Es geht nicht darum, dem Patienten seine Gefühle zu verbieten (in meinem Fall beispielsweise die Wut) oder ihnen ihre Berechtigung abzusprechen.

    -Der Patient ist in der Wahl seiner Skills frei.

    Was mir noch einfällt: Ich finde das Wort „Behandlungsvertrag“ recht einschüchternd. Wer Verträge verletzt, dem drohen ja in der Regel Sanktionen. Spontan fällt mir jetzt auch nicht ein, wodurch man es ersetzen könnte. Insgesamt finde ich den hier beschriebenen Ansatz aber schon sehr gut, vor allem den ersten Punkt.

  8. Janine 18. April 2016 / 23:27

    Eine Frage. Bei uns auf einer offenen allgemeinpsychiatrischen Station wird immer wieder im Team diskutiert ob die Patienten nach SVV ihre Wunden selbst versorgen sollen (so gut wie möglich) oder ob es das Pflegepersonal übernehmen soll. Ich persönlich finde es richtig, dass der Betroffene es so gut wie es geht um seine Verletzungen kümmert um auch ein Stück weit die Verantwortung zu übernehmen. Wie seht ihr das? Was ist eure Meinung dazu? Würde mich um rege Rückmeldungen freuen 😊

    • schwesterirgendeine 23. Juli 2019 / 00:50

      Ich fand es „angenehm“, wenn das das PP gemacht hat. Für mich war es oft ein Türöffner, für ein Gespräch, nachdem ich mich nicht getraut hätte, zu fragen.

    • schwesterirgendeine 23. Juli 2019 / 00:53

      Zu früh abgeschickt. Das war natürlich einerseits ein negativer Effekt, hat mich andererseits aber öfters vor Schlimmerem bewahrt (Die Bahnschienen waren nicht weit von beiden Kliniken weg…)

  9. Lola 31. Mai 2016 / 16:40

    Wenn die Wunde nicht versorgt werden muss und von einem Teammitglied angeschaut wurde, finde ich das eigene Versorgen sinnvoll, auch für den Patienten, damit er sich sorgsam darum kümmert, allerdings sollte auch dies im Beisein eines Pflegers geschehen, um eventuelle weitere Selbstschädigungen, fehlende Desinfektion o.Ä. zu vermeiden.
    Das Verbinden als Vorraussetzung anzusehen, die direkt nach der Selbstverletzung geschieht finde ich schwierig. Ich persönlich war immer ziemlich wütend, wenn ein von mir selbst angelegter Verband ziemlich zeitnah wieder abgenommen wurde, um die Wunde anzuschauen. Sollte ein Übergangsverband vor einer Versorgung notwendig sein, kann dieser mit o.g. Vorschlägen meiner Meinung nach auch vom Patienten selber angebracht werden. Natürlich sollte dabei aber dann auch vorsichtig assistiert werden.
    Das ist, was ich mir als Betroffene dazu wünschen und vorstellen würde…

    • schwesterirgendeine 23. Juli 2019 / 01:02

      Das Problem hatte ich auf der Geschlossenen. Ich sollte meine Wunde6 (Arterienschnitt) selber versorgen. Dabei hab ich dann immer absichtlich irgendwelchen Dreck reingestreut. Zu dem Zeitpunkt wäre mir jedes Mittel zum Suizid recht gewesen, auch eine Sepsis. Die Wunde sah echt schlimm aus
      Irgendwann ist es dem PP dann aufgefallen und ich musste in die chirurgische Ambulanz.

  10. Lara 2. November 2018 / 14:24

    Erstmal möchte ich sagen, dass ich den Artikel gut finde, besonders der Punkt, dass man nicht verurteilt wird ect.
    Leider habe ich keine positiven Erfahrungen machen dürfen mit solchen oder ähnlichen Absprachen. In einer Klinik zählte schon das bloße anschauen von Narben zum Svv, weil man sich damit ja triggert. Find ich ehrlich gesagt schwachsinnig. Viele sind gar nicht wegen svv da und die werden bestraft bloß weil ihnen die Narben anderer Patienten auffallen. Wenn sich selbst verletzt hat, ist es eig. egal ob man skills versucht hat ein zu setzen oder nicht, man kommt sofort auf die geschlossene, egal wie schwer die Verletzung ist. Auch wird die SV dann nicht nochmal besprochen in der Therapie, bzw. was eigentlich dazu geführt hat und wie man vieleicht verhindern könnte das sowas nochmal passiert.
    In einer zweiten Klinik in der ich war war es verboten durch die Stationsregeln sich zu verletzen, wer es doch tut wird auf die geschlossene verlegt. Passiert es dort, wird man fixiert und ruhiggestellt, meist gegen den Willen und egal wie schwer die Verletzung ist (auch bei Kratzern, die vielleicht nicht vom SV stammen). Von Skills hat dort noch niemand was gehört und von einer VA auch nicht. Wenn man sich meldet, weil man Druck hat, sich aber nicht verletzen möchte, gibt es Medikamente, meist sind die hoch dosiert. Für mein Empfinden zu hoch. Außerdem gab es sehr häufig eine Fixierung wenn man bloß über SV sprach, z.B. Patientin 1 und Pfleger sprechen über SVV, weil die Pat. sich verletzen möchte bzw. es hat. Die Wunde ist klein, absolut ungefährlich (es war lediglich ein kleiner Kratzer) und die Pat. bittet um Hilfe bei dem Umgang mit dem SV-Druck. Sie will sich nicht erneut verletzen. Anstatt dass der Pfleger ihr hilft, oder Hilfe anbietet, Möglichkeiten aufzeigt, wird der Alarmknopf betätigt und die Pat. mit einer Spritze ruhiggstellt, dann kommt die Fixierung. Meist länger als 24 Stunden, auch wenn die Pat. nicht gefährdet ist, weder für sich noch für andere.
    Eine Regel der Station besagt, dass man mit Mitpatienten darüber sprechen darf, wenn es keine der Personen triggert und man sich keine Tipps und Anregungen gibt. Weiteres Beispiel: Pat. 2 und Pat. 3 sitzen am Tisch, keiner kann ihnen irgendwie zuhören was sie reden. Pat. 3 wg. Magersucht eingeliefert bemerkt Narben an der Hand von Pat. 2 (wg. Depressionen in Behandlung). Pat. 3 fragt Pat. 2 woher sie die Narben hat, (Pat. 3 hat kaum etwas von SVV gehört und sowas auch nicht wirklich mit bekommen). Für Pat. 3 ist es ok, dass Pat. 2 fragt und sie sagt ihr, dass sie sich selbst verletzt hat und daher die Narben kommen. Sie sagt ihr nicht womit und wie oder warum sie es gemacht hat. Darf sie auch nicht. Pat. 3 fragt ob sie mehr über dieses Selbstverletzen erfahren könnte. Pat. 2 hat nichts dagegen und achtet darauf, dass sie nichts sagt, was triggernd wirken könnte. Ein Pfleger beobachtet die beiden und greift ein. Pat. 2 die nur versucht hat grob zu erklären was SVV ist und Pat. 3 sogar den Rat gegeben hat mit den Pflegern darüber zu sprechen, wird fixiert weil sie angeblich massiv gefährdet ist und Pat. 3 gedroht hat sich zu verletzen, was Pat. 3 aber nicht bestätigt. Zusätzlich wird Pat. 2 auch noch mit Medikamenten ruhig gestellt. Pat. 2 bleibt länger als 3 Tage in der Fixierung. Sie hat nur einmal die Gelegenheit einen Arzt zu sprechen, dieser glaubt ihr nicht, dafür aber den Pflegern und ordnet eine Zwangsmedikation sowie weitere 24 Stunden Fixierung an (Pat. 2 liegt bereits seit knapp 48 Stunden in der Fixierung). Pat. 2 wehrt sich gegen die Medikamente (sie kam freiwillig in die Klinik wegen ihrer Depression und hat sich immer sehr kooperativ gezeigt und sie wollte, dass es ihr besser geht, sie hat auch aktiv daran gearbeitet). Pat. 2 wird erneut ruhiggestellt und nachdem sie wieder aus der Fixierung raus ist, beginnt ihre Zwangsmedikation. Darunter Neuroleptiker und Antidepressiva. Man merke, alles nur, weil sie sachlich einer Patienten erklärt hat was SVV ist und sie ihr den Rat gegeben hat, sich für mehr Infos ans Pflegepersonal zu wenden. Beide Patientinnen wurden weder getriggert noch bewusst dazu angeregt sich zu verletzen, eine akute Selbstgefährdung oder Fremdgefährung lag nicht vor.
    Meiner Meinung nach sind Umgangsregelungen mit SVV auf den Stationen sehr wichtig, sie sollten aber mit dem Patienten besprochen werden, was es bedeutet und was man darf oder nicht darf außerdem sollten die Regelungen an den Pat. auch ein wenig angepasst werden.
    Im zweiten Beispiel war ich die Patientin mit den Narben an der Hand.
    Seither war ich nie wieder in einer Klinik und mir wurde eine PTBS diagnostiziert. Deswegen finde ich Aufklärung und Patienten geeignete Regelungen mit SVV auf Station so extrem wichtig.

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